Montag, 30. Juni 2008

FORUM STADTBILD BERLIN FORDERT STOPP


ZUM WIEDERAUFBAU DER KURFÜRSTENBRÜCKEFORUM STADTBILD BERLIN FORDERT STOPP DER BAUVORBEREITUNGEN
UND EINEN NEUEN WETTBEWERB

Samstag, 28. Juni 2008

Die älteste Steinbrücke Berlins


Kupferstich aus dem Buch »Historischer Schauplatz der merkwürdigen Brücken«, Leipzig 1735


Einen historischen Abriss veröffentlicht Helmut Caspar in seinem Artikel: "Neue Rathausbrücke ohne Kurfürst".
http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt99/9912deta.htm

Mit der aktuellen Entwicklung zum Bau der Brücke müsste die Geschichte bald neu geschrieben werden.

Donnerstag, 26. Juni 2008

Treffen am Freitag 19 Uhr

Liebe Freunde,

damit wir uns nicht aus den Augen verlieren:

Wir treffen uns am Freitag abend, 19.00 Uhr, am Zille-Museum.

Bitte alle kommen und Ideen mitbringen fürs Weiterarbeiten!

Vielen herzlichen Dank und beste Grüße
Annette Ahme




Propststraße 11 im Nikolaiviertel

Mittwoch, 18. Juni 2008

Bürger des Nikolaiviertels ...


... wollen historische Brücke zurück

Der Senat plant den Abriss und modernen Neubau der Rathausbrücke - dagegen formiert sich immer breiterer Widerstand



Mitte. Wer heute über die Rat­hausbrücke geht, wird an ihr nichts besonderes finden. Sie stellt eine Behelfsbrücke aus dem Beginn der 50er Jahre dar. Im Herbst nun will die Senats­verwaltung für Stadtentwick­lung die marode Verbindung zwischen Nikolai viertel und Schlossplatz abreißen und durch eine Neue ersetzen lassen.

Da mag es etwas befremdlich erscheinen, dass am vergange­nen Donnerstag Anwohner und Gewerbetreibende in Person des Geschäftsmannes Martin Boettcher im Abgeordnetenhaus ei­nen Protestbrief an Senatorin In­geborg Junge-Reyer überreicht haben. Auch die Gesellschaft Historisches Berlin (GHB) will ver­hindern, dass der 1999 prämier­te Entwurf des Architekten Wal­ter A. Noebel umgesetzt wird. Im Dezember hat die GHB ein Volksbegehren gegen die Pläne des Senats gestartet. „Kaum ei­ner weiß heute noch, dass die Rathausbrücke, die früher Lange Brücke hieß, einst als schönste Brücke der Stadt galt", sagt die GHB-Vorsitzende Annette Ah­me. „Historisch und kunstge­schichtlich ist sie sogar ver­gleichbar mit der Karlsbrücke in Prag." Denn die Lange Brücke - erbaut im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts - war die erste Steinbrücke nicht nur Berlins, sondern der gesamten Mark Brandenburg.

Auch Petra Müller, Stadtführe­rin und Bewohnerin des Nikolai­viertels hat recherchiert: 1701, kurz nachdem er sich im fernen Königsberg selbst gekrönt hatte, ritt Friedrich I. nun als erster Kö­nig von Preußen über die Lange Brücke zum Schloss. Es war ein Triumphzug. Und schon damals
ritt er an dem kunsthistorisch bedeutendsten Reiterstandbild nördlich der Alpen vorbei: an ei­ner Bronze vom Großen Kurfür­sten, die die Lange Brücke zier­te. Der frisch gebackene König hatte das Standbild 1697 selbst in Auftrag gegeben, um seinen Vater zu ehren. Entworfen hat es Andreas Schlüter, der später auch den nach ihm benannten Schlüterhof im Schloss errichten ließ. 1884-96, also 200 Jahre später wurde die Lange Brücke zwar noch einmal umgebaut, hat aber ihr Aussehen behalten.

Während die Brücke im Krieg zerstört wurde, konnte das Rei­terstandbild aus der Spree ge­borgen werden. Heute steht es im Schlosshof von Charlotten­burg. „Eine moderne Brücke wie die von Walter Noebel würde das historische Gesamtbild mit zukünftigem Schloss, Berliner Dom, Nikolaiviertel und der äl­testen Kirche Berlins unverzeih­lich stören", argumentiert Petra Müller.

Die CDU hat nun einen An­trag im Abgeordnetenhaus ein­gereicht, um das alte Bauwerk samt Reiterbild wieder herzu­stellen. Auch einige Abgeordnete der SPD sind inzwischen für die historische Variante. Allerdings steht das Thema erst nach der Sommerpause auf der Tagesord­nung des Berliner Parlaments. Die GHB will darum das Volks­begehren nicht weiter vorantreiben und konzentriert sich nun auf die parlamentarische Dis­kussion.
Immerhin ist es noch nicht zu spät. Die europaweite Ausschrei­bung steht noch aus, historische Bauzeichnungen sind noch vor­handen. Doch soll die neue Brücke - egal ob historisch oder modern - auf alle Fälle dem Schifffahrtsverkehr auf der Spree gerecht werden und keine Fundamente im Wasser erhalten. Das würde aber bedeuten, dass aus statischen Gründen auf das Reiterstandbild verzichtet wer­den müsste.
Petra Müller sieht das anders: „Der Umbau von 1894 bis 1896 mit seinen drei Bögen wurde den aktuellen Erfordernissen des Personen- und Gütertransports zu Wasser durchaus gerecht. Sie bot schon damals zahlreichen Schiffen Durchlass."

...schreibt dvs im Berliner Abendblatt am 18.6.2008

Historische Mitte - Architektur und Angst

Kommentar im Berliner Tagesspiegel
Von Christiane Peitz
16.6.2008 0:00 Uhr

Einst stand dort eine Zwingburg, errichtet gegen den Willen der Bürger. Heute ragt hier das Skelett des Palasts der Republik in den Himmel, vernichtet im Namen des Volkes. Mal ehrlich: Ist sie nicht gerade atemberaubend, diese größte Stahlskulptur der Welt?
Sie wird bald verschwunden sein, denn in der historischen Mitte Berlins ist Platz für die Zukunft. Überall im Zentrum der Hauptstadt wird geplant und gebaut, renoviert und restauriert. Und egal ob beim Stadtschloss mit dem HumboldtForum oder bei der Staatsoper, der Rathausbrücke, dem Molkenmarkt oder der Eingangshalle für die Museumsinsel – immer sagen die Berliner: Wir wollen den Zauber des Originals. Bitte die Brücke mit dem Reiterstandbild, den 1951erPseudorokoko des Opernsaals, möglichst auch etwas Mittelalter und bloß keinen Beton à la Chipperfield.

Volksbegehren und andere Proteste wecken jedenfalls den Anschein, dass die Berliner im Herzen ihrer Stadt in Zukunft vor allem Vergangenheit wollen: Kandelaber statt Peitschenmasten, Stuck statt Design und lieber die barocke Reminiszenz als Townhouses aus Glas, Farbe und Stahl. Die Wessis wollen ihr Tempelhof behalten, die Ossis ihren Paulick-Saal. Bedenkt man die Traumata des Krieges und der zweiten Zerstörung zugunsten der autogerechten Stadt in den Jahren danach, ist das Beharrungsvermögen verständlich.

Aber sind die Berliner wirklich so retro? Sind all diese Initiativen nicht vielmehr von der Leidenschaft (und Lobby-Arbeit) des Bildungsbürgertums getragen? Das Engagement der Konservativen ist zweifellos unverzichtbar für die Stadt. Aber die Gesamtheit der Berliner, dieser quicklebendigen, unberechenbaren Metropole mit ihrer hippen Boheme und den alten Kämpen, Regierenden und Studierenden, Kunstszene, Kulturschickeria und Kiezkultur, Prolls, Preußen und Multikulti vertreten sie nicht.

Alt oder neu. Was die Gretchenfrage der Architektur betrifft, ist der Berliner ja ein seltsames Wesen. Beispiel Regierungsviertel, Beispiel Hauptbahnhof: Vorher ist das Misstrauen groß, aber dann flitzt er neugierig hin, staunt, mäkelt vielleicht – und nimmt in Besitz. Angst vor Veränderung ist nicht seine Art, im Gegenteil. Die Berliner sind Weltmeister der Flexibilität. Keine andere europäische Großstadt hat sich zuletzt so grundlegend gewandelt wie Berlin seit dem Mauerfall. Und da soll, Hand aufs Herz, ausgerechnet in der historischen Mitte dieser historischen Wahrheit nicht Rechnung getragen werden?

Hier ist Weltkulturerbe, ist Prachtboulevard, ist Schlossfreiheit. Genau hier, und nicht nur abseits der Mitte, ist aber auch der Ort für Manifestationen der Gegenwart, der Vitalität und Weltoffenheit von Berlin. Deshalb geht es nicht um alte oder neue, sondern um gute oder schlechte Architektur. Avantgarde in der historischen Mitte? Ja bitte, und zwar im Verein mit Schlüter, Schinkel und Stüler.

Dass Alt und Neu großartige Verbindungen eingehen können, ist seit Norman Fosters Reichstagskuppel und dem Jüdischen Museum mit seiner Liaison von 18. Jahrhundert und Libeskind-Bau auch hier kein Geheimnis mehr. Was also spricht gegen einen hocheleganten Staatsopernsaal im Design des 21. Jahrhunderts hinter den Eingangssäulen? Zumal eh keiner weiß, welche Tradition eigentlich denkmalgeschützt werden soll: Knobelsdorff, Langhans oder der sozialistische Klassizismus.

Und es stimmt ja nicht, dass nur die Historie beglückt. Die Moderne verzaubert genauso: Wer je im Guggenheim-Museum von Bilbao war oder, um bei Frank Gehry zu bleiben, in der DZ-Bank am Pariser Platz, weiß um die Schönheit zeitgenössischer Architektur. Und Chipperfields Beton bringt die Ziegel im Neuen Museum erst richtig zum Leuchten.

Es ist an der Zeit, den oft kleinkarierten Streit zwischen Bewahrern und Erneuerern beizulegen. Es geht um Geschichts- und Gegenwartssinn, um die Identität von Berlin. Auch wenn das planerische Korsett beim Wettbewerb zum Humboldt-Forum kühne Ideen kaum noch gestattet: Für ängstliche Architektur ist in der historischen Mitte kein Platz.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 16.06.2008)
URL: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite;art692,2551835

Kommentare [ 3 ] Kommentar hinzufügen » von delattre 16.06.2008 10:06:26 Uhr
Sich Fügen
Die Position von Christiane Peitz teile ich mit Einschränkungen. Im Vordergrund der Debatten sollte eine langfristige Wiederherstellung menschlicher und maßvoller Stadträume stehen, die die Geschichte (auch die Geschichte der Juden in der historischen Mitte) nicht einfach ignoriert. Insbesondere sollte die Architektur die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigen und keine trendigen oder hippen Extreme realisieren. Auch eine weitere Konservierung und mediale Inszenierung der Bausünden der 60er und 70er Jahre ist nichts weiter als eine trendige Retro Veranstaltung. In dieser Frage muss meines Erachtens gestritten werden, letztendlich geht es auch um die Lebensqualität zukünftiger Generationen in der Stadt. Die Architektur so mancher "Star-Architekten" - so mein Vorwurf - orientiert sich schon lange nicht mehr am Alltag der Menschen, sondern am trendigen Auftraggeber und sucht selbstverliebt den immer extremeren Kick.

auf diesen Kommentar antworten von eduarda 16.06.2008 10:30:50 Uhr
Architektur Peitz
Erst seit der Umbau der Staatsoper diskutiert wird, fällt der Name Paulick, früher nie erwähnt. Nun verunglimpft man seinen Umbau als sozialistisch! Und was soll jetzt werden! Paßt das neu geplante moderne Innere zum Äußeren? Haben wir nicht mit der Deutschen Oper ein modernes Haus, das für die großen Opern bestens geeignet ist und wirtschaftlich geführt werden kann? Opernstiftung endlich umsetzen. Im "kleinen Haus" kiann man dann Barockoper zeigen! René Jacobs u.a. Berlin ist so arm an Historischem, Glas und Stahl sind genug vertreten, deshalb die Sehnsucht.

auf diesen Kommentar antworten von panda70 16.06.2008 15:54:44 Uhr
Bitter!
Es scheint bei der Autorin eine absolutistische, quasi-religiöse Grundhaltung zu existieren, die denjenigen, die noch ein Interesse an der Gestaltung ihrer gebauten Umwelt haben, ohne Begründung und reflexhaft Rückwärtsgewandtheit, Nostalgie und ewige Gestrigkeit unterstellen lässt. Die These, dass die Architektur des 20. Jahrhunderts eher einem Kult gleicht als einer Wissenschaft, findet wieder einmal ihre Bestätigung.

Dienstag, 17. Juni 2008

Stadtplanung - Ein Schloss kommt selten allein

Luftbild von 1920 mit Berliner Schloss und Lustgarten. - Foto: Ullstein-Bild

Stadtplanung - Ein Schloss kommt selten allein

Von Bernhard Schulz

Die Gestaltung der Stadt zwischen Werderschem Markt und Marx-Engels-Forum wird zum zentralen Thema der Berliner Politik. - Denn auch die Umgebung des neuen Schlosses will durchdacht sein. Es geht um die Umgebung des Schlosses. Oder des Humboldt-Forums; wie man will. Gerade beginnt die zweite Stufe des anonymen Wettbewerbs. Dreißig Büros sind am vergangenen Freitag zur Erarbeitung detaillierter Planungen für das Humboldt-Forum im Gewand der Schlüterschen Barockfassaden ausgewählt worden. Ende November fällt die Entscheidung über das alte, neue Schloss.

Und dessen Umgebung? Erst allmählich dringt ins öffentliche Bewusstsein, dass das gewaltige Bauwerk keinen Solitär auf der Spreeinsel bilden kann. Die vielzitierte Sichtbeziehung als Abschluss der Straße Unter den Linden hat bereits vor 15 Jahren die Attrappe aus gelb bemalten Plastikplanen deutlich gemacht.

Eine Fülle von Aufgaben kommt nunmehr auf die Stadtplanung zu, auf die sie sich – ungeachtet etwa des seit 1999 gültigen „Planwerks Innenstadt “ – wenig vorbereitet zeigt. Und gleichwohl Einzelentscheidungen trifft und ausführt, die im Zusammenhang zu bewerten wären. Angefangen mit der Rathausbrücke: Sie soll nach einem, nun auch schon Jahre alten Entwurf als formstrenger Strich über die Spree gezogen werden. Dass hier einmal mit der „Langen Brücke “ die wichtigste Straßenverbindung des barocken Berlin verlief, gekrönt von Schlüters Reiterstandbild des Großen Kurfürsten über dem mittleren Brückenabschnitt, ist in Vergessenheit geraten.

Die gesamte Straßenverbindung vom Werderschen Markt bis zum Berliner Rathaus wird also zu bedenken sein. Und mit ihr die Straßen, die auf diese Ost-West-Magistrale zulaufen. Die von Süden herkommende Breite Straße, auch sie historisches „Urgestein “ , wird derzeit auf ihr ursprüngliches Profil verschlankt. Von Norden aber verlief der Verkehr von den Linden her zwischen der Westfassade des Schlosses und dem „Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm “ . Die Häuser auf der einstigen „Schlossfreiheit “ – deren Grundstücke einst vom Großen Kurfürsten französischen Hugenotten unentgeltlich zugeteilt worden waren – fielen 1893 dem Abriss zum Opfer, als eben dieses gewaltige Denkmal von Kaiser Wilhelm II. zu Ehren seines Großvaters ersonnen wurde. Die DDR-Zeit überdauert hat allein der riesige Sockel mit seinen gewaltigen, gemauerten Gewölben. Ein Unort – der nun aber ausersehen ist, als Standort des künftigen Einheits- und Freiheitsdenkmales zu dienen, das der Deutsche Bundestag am 8. November 2007 beschlossen hat. Die Gestaltung dieses „Mahnmals unseres historischen Glücks “ , wie es Wolfgang Thierse (SPD) im Parlament bezeichnete, wird in einem eigenen Wettbewerb zu bestimmen sein. Doch wie immer sie ausfallen wird – das Denkmal wird seiner protokollarischen Bedeutung und Aufgaben entsprechend die Gestaltung der Straße zwischen ihm und dem Schloss erheblich beeinflussen.

Für den Osten keine Vorgaben aus dem Bundestag

Und wie geht ’ s östlich der Spree weiter? Darüber ist bislang am wenigsten gesprochen worden. Ex-Senatsbaudirektor Hans Stimmann hat unlängst im Tagesspiegel für eine weitgehende Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses plädiert. Wer heute über das Gelände des 1986 so benannten Marx-Engels-Forums streift, sieht nichts weiter als eine wenig ansprechend gestaltete – im Planerjargon: „unterqualifizierte “ – Grünfläche, in der sich das eher melancholische denn erhebende Marx-Engels-Denkmal wie ein Relikt des einstigen Staatsverständnisses ausmacht. Dass hier einmal eine pulsierende, gewiss auch übervölkerte und von hygienischen Problemen geplagte Altstadt war, ist beim besten Willen nicht mehr zu erahnen.

Nun hat der Schloss-Beschluss des Bundestages gerade für die Ostseite des Gebäudes keinerlei Vorgaben hinsichtlich der historischen Überlieferung gemacht. Die aus Mittelalter, Renaissance und Barock zusammengewürfelte, im wahrsten Sinne des Wortes gewachsene Spreefront des Schlosses ist im jetzigen Wettbewerb für jedwede Gestaltungsidee freigegeben. Wie aber soll sich das östliche Spreeufer künftig zum Humboldt-Forum-Schloss verhalten?

Soll die Grünfläche verschwinden und überbaut werden? So weit ist die Diskussion noch längst nicht. Schon ist aber der Vorschlag einer „Gestaltungssatzung “ zu hören. In durchaus geteilter Erinnerung ist die Gestaltungssatzung für den Pariser Platz, die auch nicht mehr an Einheitlichkeit durchzusetzen vermochte, als es anderenorts – wie in der Friedrichstraße – vermittels der üblichen Vorgaben der Berliner Bauordnung gelang. Gestaltungssatzungen mit ihren über eine Bauordnung weit hinausgehenden Vorgaben sind zulässig, wenn sie – so die geltende Rechtsprechung – „auf sachgerechten Erwägungen beruhen “ . Dass die Sicherung des Stadtbildes in der Umgebung des in barocken Formen wiederzuerrichtenden Schlosses eine solche „sachgerechte Erwägung “ darstellt, steht außer Zweifel.

Ob allerdings der Neubau der Rathausbrücke, deren Bezug zum Schloss über das Standbild des kurfürstlichen Bauherren geradezu programmatisch angelegt war, noch einmal überdacht wird? Als das Thema jüngst im Abgeordnetenhaus anstand, hüllte sich nicht nur Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, als Schweizerin mit der Berliner Baugeschichte wohl noch nicht ganz so vertraut, in beredtes Schweigen. Es scheint, dass die Berliner Politik insgesamt noch nicht begriffen hat, dass über den Wiederaufbau des Schlosses hinaus die Gestaltung, ja Wiedergewinnung der Keimzelle Berlins auf der Tagesordnung steht.



(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel am 15.6.2008)

Kommentar GRAS DRÜBER

Gerd Nowakowski ist froh, dass nicht alle Wünsche gleich erfüllt werden

Wer sagt, dass leere Kassen immer nur ein Nachteil sind? Zuweilen ist es hilfreich. Das gilt auch für die Stadtplanung. Die Zeit hilft – beim Nachdenken, beim Neu denken. Nur weil Berlin pleite ist, wurde der vor zehn Jahren beschlossene Neubau der Rathaus-Brücke nicht umgesetzt. Nun passt der durchaus respektable Entwurf einer modernen Brücke nicht mehr recht zum Plan, das Stadtschloss wieder auferstehen zu lassen. Schade für den Wettbewerbs-Gewinner, ein Segen für die Stadt. Am Ende kommt es eben anders, als man denkt. Auch Architekturideen haben ihre Halbwertszeit in einer lebendigen Stadt. Am Potsdamer Platz kann besichtigt werden, was passiert, wenn genügend Geld vorhanden ist. Die Gemäldegalerie, kaum zehn Jahre alt, ist heute ein Ärgernis bei der Zusammenführung der Sammlungen auf der Museumsinsel. Erinnert sich noch jemand, dass einst Bundesaußenminister Klaus Kinkel auf dem Schloßplatz sein Ministerium bauen lassen wollte? Glück gehabt. Am Schloßplatz entsteht derzeit übrigens eine Grasfläche mit Holzstegen – als Zwischennutzung. Gras drüber wachsen zu lassen ist das Nachdenken der Städte.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 15.06.2008)

Freitag, 13. Juni 2008

Debatte im Abgeordnetenhaus

Die Debatte im Abgeordnetenhaus gestern war spannungslos, aber
immerhin: Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wurde über die
Historische Mitte gesprochen, im Plenum. Dem vorausgegangen waren
zwei Ausschusssitzungen der Ausschüsse für Stadtentwicklung und
Kultur, die sich auch schon mit unseren Themen beschäftigt hatten.

Die im Abgeordnetenhaus eingereichten Anträge (Stop der
Rathausbrückenplanung, Erlass einer Erhaltungssatzung für die
Historische Mitte) sind an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen
worden, der die Anträge wahrscheinlich erst nach der Sommerpause
berät. Aus diesem Grunde haben mehrere geraten, das Volksbegehren
jetzt abzubrechen, da unsere Forderungen (Stop der
Rathausbrückenplanung, Erlass einer Gestaltungssatzung für die Mitte)
jetzt im Parlament angekommen sind und es daher hauptsächlich darauf
ankommt, auf der parlamentarischen Ebene weiterzuarbeiten. Bis zum
September können wir sowieso das Volksbegehren nicht in die Länge
ziehen.

Für den 22. September ist eine Veranstaltung in der URANIA
vorgesehen, bei der wir Bilanz ziehen können / die weitere Entwicklung
vorgeben können. Zum Thema Rathausbrücke hat sich eine ganz gut
funktionierende Arbeitsgruppe im Nikolaiviertel gebildet, die noch
nicht aufgibt. Die enorme städtebauliche Bedeutung der Rathausbrücke
ist noch nicht in alle Hirne eingedrungen. Daran müssen wir
weiterarbeiten.

.... aus dem Rundbrief von Annette Ahme

Heute in Bild.de


Die Rathausbrücke

Warum kriegen wir so ’ne doofe Brücke? Die war doch mal so schön!


Von HILDBURG BRUNS
Über Jahrhunderte war sie das beliebteste Berlin-Motiv der Künstler: die Lange Brücke, Kurfürstenbrücke oder Rathausbrücke, wie sie heute heißt. Mit dem prächtigsten Reiterstandbild nördlich der Alpen und dem Berliner Schloss im Hintergrund.

Sie war mal so schön... Und jetzt DAS!

Nach dem 2. Weltkrieg ersetzte die DDR die weggebombte Spree-Brücke durch einen schnöden Behelfsübergang. Der soll jetzt einem modernen, schmucklosen Neubau weichen – der sich nicht an die historische Umgebung anpasst!

Geschäftsmann Martin Boettcher (45) übergab gestern einen Protestbrief von Anwohnern und Ladenbesitzern des Nikolaiviertels an Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (61, SPD). Sie sagte kurz: „Prima, schau ich mir an!“

Die CDU-Fraktion will den Neubau per Parlamentsantrag stoppen. Robbin Juhnke (41): „Noch ist es nicht zu spät, Schaden für das historische Gesamtensemble abzuwenden.“

Stimmt: Die europaweite Ausschreibung läuft noch nicht. Es steht nicht einmal die Höhe der Baukosten fest, weil Stahl immer teurer wird. Ursprünglich waren 6,1 Mio. Euro veranschlagt.

Selbst die Berliner SPD-Fraktion ist mit der Modern-Version unglücklich. Bauexpertin Ellen Haußdörfer (28): „Architekt Walter Noebel hat bei seinem Entwurf noch nicht den Wiederaufbau des Stadtschlosses berücksichtigt. Wir bedauern, dass der Entwurf nicht den alten Fassaden angepasst wurde.“

Das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten wird keinesfalls wieder auf die Brücke gestellt werden – aus statischen Gründen. Christiane Lingen, Fachbereichsleiterin beim Bausenat: „Die Spree ist hier eine Bundeswasserstraße. Sie muss auf einer Breite von 26,50 m beschiffbar sein, kann so keinen Mittelpfeiler haben.“

Übrigens: Die jetzige DDR-Behelfsbrücke hat sehr wohl einen Mittelpfeiler...

http://www.bild.de/BILD/berlin/aktuell/2008/06/13/neue-rathausbruecke/haesslich,geo=4826142.html