Warum werden Termine bei Großbauten in Berlin nicht eingehalten?
Unfähigkeit der Planer, der Behörden oder was?
Annette Ahme
Sehr geehrte Damen und Herren,
klein und versteckt steht es heute in der Morgenpost: Der Neubau der
Rathausbrücke verzögert sich um mindestens ein Jahr! Grund: angeblich
ist die Stahlbaufirma insolvent geworden.
Leider konnten wir damals nicht durchsetzen, daß diese wichtigste und
älteste Brücke der Stadt (hier auf der Brücke hatte sich im Jahre 1307
die erste Vereinigung von Berlin und Cölln zu einer gemeinsamen Stadt
vollzogen, hier stand das erste gemeinsame Rathaus dieser Stadt!)
angemessen gestaltet wird, und daß vor allem das wichtigste und
kunsthistorisch gesehen wertvollste Denkmal Berlins von Weltrang des
Großen Kurfürsten (von Andreas Schlüter!) an seinen Ort kommt.
Es ist absolut unangemessen und aus der Zeit gefallen, den für diese
Stelle viel zu banalen (bitte um Verzeihung, der Entwurf selbst ist
nicht schlecht, nur für diese entscheidende Stelle völlig unpassend!)
Entwurf aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu realisieren.
Dieser Entwurf an dieser Stelle ist geschichts- und stillos und paßt in
die Wasserstadt Spandau, nicht aber an den Ursprungsort unserer Stadt!
Hier an dieser engsten Stelle an der Spree haben sich die beiden Städte
Cölln und Berlin ursprünglich entwickelt, die Brücke ist der
Entstehungsgrund unserer Stadt.
Bitte setzen Sie sich gemäß Ihrer Möglichkeiten dafür ein, daß die
überholte Neubauplanung doch noch gestoppt wird. Noch ist nicht alles
zu spät! Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß vor wenigen
Tagen die BVG ganz nonchalant einem Bauträger eine "Entschädigung" von
1,5 Mio Euro (!!) gezahlt hat, nur weil diese Baufirma in einem
Schreiben aufgezeigt hat, daß angeblich in der EU-weiten
Bauausschreibung betr. Hochbahn Pankow (40 Mio Umfang) Verfahrensfehler
enthalten gewesen seien. Wir hatten damals nachgerechnet, daß das
Risiko einer Schadensersatzklage im Fall der Rathausbrücke bei maximal
300.000 Euro liege. Ich sage ja nicht, daß dieser Betrag negligable
sei, aber im Kontext der Bedeutung dieser Brücke, die leider in der
Senatsbauverwaltung verkannt wurde (Junge-Reyer: "Hier haben wir ein
Beispiel, daß auch ein rein technisches Bauwerk gefällig aussehen
kann") müßte dieser Betrag doch hingenommen werden.
Bitte überlegen Sie, was Sie tun können. Noch sind keine falschen
Tatsachen geschaffen.
Es ist im übrigen ein Skandal, daß entgegen der eigenen Gesetzgebung
diese Brücke auf keiner Seite behindertengerecht gebaut wird, sondern
auf beiden Seiten Treppen bekommt, auch für Ältere und Kinderwagen etc.
ein Ärgernis und selbst der eigenen rot-roten Ideologie vollkommen
widersprechend! Das bedeutet: Die geplante Brücke entspricht damit
weder den aktuellen rechtlichen Anforderungen, noch kommt sie in
irgendeiner Weise der hohen stadthistorischen Bedeutung dieses Ortes
nach. Sie darf so nicht realisiert werden!